Wie schon der erste Band von Literatur ohne Land? konzentriert sich auch der Fortsetzungsband auf die Frage nach etwaigen Veränderungen der Poetiken von AutorInnen aus der DDR nach dem Zerfall dieses Landes. Der einleitende Essay vertieft zunächst das Konzept der DDR-Literatur als einer spezifischen littérature engagée und umreißt diese als Epochenbegriff, um dann einen nach Generationen geordneten literaturhistorischen Überblick über die 36 Fallbeispiele der beiden Bände zu leisten.
Ergänzend zu den Analysen der Nachwendewerke von neun SchriftstellerInnen im ersten Band, werden zudem in 20 Aufsätzen die Texte 27 weiterer AutorInnen auf ihre Ästhetiken vor und nach 1989 sowie die Frage nach der Übertragbarkeit von literarischem Engagement untersucht. Die Bandbreite literarischer Reaktionen auf den Umbruch und die neuen gesellschaftlichen Verhältnisse reicht, so zeigt sich dabei, von Schreibkrise und Verstummen über Genrewechsel bis hin zu unverändertem, kontinuierlichem Weiterschreiben.
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Aus den Kritiken und Rezensionen:
„Gewiss, es gibt sie noch, diese Literatur – auch ohne Raum. Zeitlich eingebettet in alltags-, expertenkulturelle, lebensweltliche und identitätsstiftende Problemfelder, an große Kämpfe und Kontroversen des 20. Jahrhunderts erinnernd, die – wie es die jüngste Realismus-Debatte in Deutschland zeigt – keineswegs tot sind. Dieser Band versucht, dieser Literatur, die allzu oft nach dem Zusammenbruch des Staatssozialismus als Leiche nur seziert werden sollte, ihre lebendige Dignität zurückzugeben. […].
Die ostdeutsche Literatur kämpfte bereits nach 1945 um ihre Anwesenheit. […]. Das betrifft auch die ostdeutsche Literatur in der 1989er Wende- und Nachwendezeit, die dieser Band vorzüglich historisiert. Damit werden Kitt und Bruch in der literarischen Produktion Stefan Heyms, Stefan Hermlins, Hermann Kants, Peter Hacks’, Sarah Kirschs oder Karl Mickels mit der von Wolfgang Hilbig, Sascha Anderson, Bert Papenfuß, Igor Kroitzsch oder Durs Grünbein analysiert. Eine literaturwissenschaftlich und sogar wissenssoziologisch beachtenswerte Leistung. […].“
Hugo Velarde, Theater der Zeit vom September 2015
„Über eine literaturhistorische Verortung der DDR-Literatur hinaus bezieht der einleitende Essay die Ergebnisse der insgesamt 20 Einzelstudien (unter anderem zu Stefan Heym, Stephan Hermlin, Jochen Berg, Bert Papenfuß, Karl Mickel, Wolfgang Hilbig, Kerstin Hensel, Thomas Brasch, Klaus Schlesinger oder Hermann Kant) auf die Entwicklungen der quasi „gesamtdeutschen“ Literatur nach 1989 und leistet mithin einen Beitrag zur literarhistorischen Grundlagenforschung des 20. und des 21. Jahrhunderts. […].
Es zeigt sich, dass sich nur sehr wenige Autoren von ihren vor 1989 ausgeprägten ästhetischen Strategien verabschiedet haben. Die DDR-Literatur reicht damit bis weit in die folgenden Jahrzehnte hinein und prägt die Literatur der neuen Bundesrepublik bis heute entscheidend mit – allerdings ohne dass diese Tatsache in der Öffentlichkeit besonders beachtet würde. Literatur ohne Land – I und II – setzen genau an diesem Punkt an und versuchen in diesem Sinne literarische und literaturhistorische Öffentlichkeit herzustellen.“
literaturkritik.de